CEDI - Auskunfts- und Beratungsstelle Europaverband der Selbständigen in Andorra Steueroase Andorra

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Nicht EU-Unternehmen geraten in die Klauen der EU-Steuereintreiber

EU-Mehrwertsteuer (Neu)Regelung ist komplett absurd

Sicher haben Sie sich schon intensiv mit den neuen Umsatzsteuerregeln in der Europäischen Union beschäftigt, eine europäische Steuernummer beantragt und Ihren Online Shop an die gesetzlichen Bestimmungen entsprechend angepasst, denn die Umsetzung der Neuregelung erfolgte in sämtlichen Mitgliedsländern der EU bereits zum Jahresbeginn 2015.

Egal ob Sie Ihr Unternehmen in Panama oder von den Bahamas aus leiten, sobald diese Unternehmung mit Einwohnern in der EU Geschäfte machen möchte, sei es um eBooks oder andere Leistungen zu verkaufen, betrifft Sie die Neuregelung. Denn der Ort der Leistungserbringung richtet sich seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr nach den realen Verhältnissen, sondern wurde vom Gesetzgeber willkürlich festgelegt.
Bis zum 31.12.2014 war der Ort der Leistungen, die auf elektronischem Weg an Privatpersonen in der EU erbracht wurden, an dem Ort, an welchem der Unternehmer seinen Sitz bzw. seine Betriebsstätte hatte. War der Wohnsitz oder Sitz der Privatperson, die eine solche sonstige Leistung auf elektronischem Weg erhielt, in einem Drittland, befand sich der Leistungsort im Drittland.
Ab dem 1.1.2015 befindet sich der Ort der sonstigen Leistungen, die auf elektronischem Weg an Privatpersonen in der EU erbracht werden, immer da, wo die Privatperson ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat [1].

Angewendet wird die Regelung auf den Bereich 'Business-to-Consumer (B2C)', also solche Unternehmungen, die ihr Angebot direkt an den privaten Verbraucher (Konsumenten) richten. Betroffen sind alle elektronischen Dienstleistungen, ob Webhoster, Newsletterschreiber, Datenbankanbieter oder Selbstverleger. Das heißt, dass eBooks, die man online kauft und dann über das Internet durch Herunterladen bezieht, ebenfalls darunter fallen.

Die länderspezifischen Vorschriften zur Umsatzsteuer (Registrierung, Meldepflichten, Fristen, Anforderungen an ausgestellte Rechnungen etc.) sind einzuhalten, ansonsten drohen ländereigene, steuerrechtliche Strafen. Wer europaweit vertreibt, auf den kommen nun allerlei Steuerpflichten zu. Ohne Steuerberater wird das nicht zu bewältigen sein. Besser ist, gleich in allen 28 EU-Ländern einen Steuerberater zu haben, denn bei der Umsetzung sind die Unterschiede in den nationalen Feinheiten von 28 Steuersystemen zu berücksichtigen.

Standortvorteile von steuergünstigen Drittstaaten werden ausgehebelt

Der Zweck der Neuregelung besteht darin zu verhindern, dass Onlineanbieter ihren Sitz in solche Länder verlegen, in denen günstige steuerliche Rahmenbedingungen herrschen. Damit wird die 'Restwelt', also Unternehmen in sogenannten Drittstaaten, zur Eintreibung von Steuern für die Finanzverwaltungen der Mitgliedsländer der EU verdonnert. Der Trick: Hierzu wird der tatsächliche Ort der Leistung per Gesetz an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kunden verlegt, um den Einzug von Steuern bei den ausländischen Unternehmen zu rechtfertigen. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Kritiker von Neokolonialismus der EU sprechen. Denn die Regelung schwächt die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Unternehmen in Drittstaaten und führt zur Einschränkung der Konsummöglichkeiten von Verbrauchern in den EU-Ländern.

Die Richtlinie 2008/8/EG des Rates der Europäischen Union vom 12. Februar 2008 ist der Ausgangspunkt für die Neuauslegung. Daneben ist die Durchführungsverordnung 1042/2013 des Rates der Europäischen Union [2] aus dem Jahr 2013 die Grundlage. Ferner ist noch die Sonderregelung für nicht ansässige Steuerpflichtige 967/2012 [3] auch als 'Nicht-EU-Regelung' bezeichnete Verordnung zu beachten. Für Online Shop Betreiber, die sich umfassender mit der Neuregelung befassen müssen, stellt die Europäische Kommission auf über 100 Seiten umfassende Erläuterungen zu den Änderungen der EU-Mehrwertsteuervorschriften bezüglich des Ortes von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen als PDF-Datei in deutscher Sprache zum Download [4] bereit.

Einen Hinweis auf Freigrenzen für Klein- und Kleinstunternehmen habe ich in dem Paragraphendschungel keinen entdecken können. Für Onlineanbieter bedeutet die Anpassung der Shops an die Änderung der Umsatzsteuer einen enormen Aufwand. Mangels nutzbarer Software wird der Aufwand für notwendige Anpassungen und Umstellungsarbeiten für den Online Handel von Fachleuten aus der Informatikbranche auf mindestens 9.000 EUR geschätzt.

Um ein besseres Verständnis für das Unionsrecht im Zusammenhang mit den neuen Vorschriften zu erlangen, bietet die Kommission auf einer eigens dafür zusammengestellten Webseite [5] Hinweise und Leitfäden zur Umsetzung im Webshop zum Download bereit.

Der Unmut über die immer dreister werdenden Bürokraten in Brüssel wächst nicht nur in der EU. Ein nach Südamerika ausgewanderter Online Shop Betreiber kommentierte die Neureglung wie folgt: "Ich bin ausgewandert, um dem EU-Steuer Irrsinn zu entgehen. Und nicht, damit er mir wieder unter der Türschwelle durchkriecht."

Wer weitermacht wie bisher, macht sich nach EU-Recht strafbar

Kann man es sich leisten, die EU und deren Gesetze nicht ernst zu nehmen? Dennoch wird die Regelung viele Unternehmen in Drittstaaten gar nicht interessieren, da viele Unternehmen die Autorität der EU nicht erkennen oder schlicht ignorieren werden. Dumm nur, dass sich die EU anmaßt, dass diese Regelung auch für Unternehmen gilt, die nicht in der EU ansässig sind.

Wer weitermacht wie bisher, macht sich nach EU-Recht strafbar. Daran ändert auch nichts, wenn der Shop alle Bestimmungen im Sitzland des Unternehmens nach dem Buchstaben des Gesetzes erfüllt. Oder wird der Bevölkerung dann erklärt, dass der Einkauf bei nicht EU konformen Shops, so wie bei den russischen Download Angeboten, illegal ist?

Wohnsitzland der Kunden nicht bekannt?

Vor einem besonderen Problem stehen Online Anbieter, die keine Kenntnis über das tatsächliche Wohnsitzland der Kunden haben oder bei denen die Feststellung des Wohnsitzes nicht charakteristisch und auch nicht üblich ist. Das sind vor allem Angebote, bei denen üblicherweise gar keine Ermittlung der Daten des Käufers erfolgt, so wie dies bei Download- und Streaming-Angeboten allgemein üblich ist.
Gleiches gilt für alle Angebote, bei denen zum Schutz der Privatsphäre des Kunden auf die Feststellung und Registrierung von personenbezogenen Daten, wie Name oder Anschrift, geschäftsmodellbedingt verzichtet wird.

Lösungen und/oder Holzwege

1. Kein Verkauf an Privatkunden in der EU

Die einfachste Lösung ist, den Verkauf an EU-Privatkunden einfach komplett einzustellen. Geoblocking nennt sich die Technik, mit der Anbieter ihre Internetinhalte für Besucher ganzer Länder gezielt blockieren können. Mit dem Country IP Ranges Generator können Anbieter sich eine individuelle Blockliste für ihr Internetangebot schnell selbst zusammenstellen [6].
Die schlechte Nachricht ist, dass es Möglichkeiten gibt, die Geoblocking Restriktionen zu umgehen. Die bekannteste Lösung ist die Verwendung eines sogenannten Virtual Personal Networks (VPN). Aktueller im Trend zur Umgehung von Geoblocking liegen jedoch sogenannte DNS-Proxies Anbieter. Shopbetreiber können also keineswegs sicher sein, dass der Kunde aufgrund der verwendeten IP-Adresse tatsächlich in dem Land wohnt oder sich aufhält, aus dem er vorgibt zu kommen. Und auch andersherum können Sparfüchse durch die Verwendung dieser Technologie die Kosten ihres online Einkaufs per Mausklick um den jeweiligen Mehrwertsteuersatz verkürzen, in dem eine IP-Adresse aus einem Land ohne Mehrwertsteuer verwendet wird. Ein Kunde mit Wohnsitz in Dänemark könnte bei Verwendung eines VPN oder DNS-Proxis mit entsprechendem Standort bis zu 25 % sparen. Geosperren sind somit keine wirksamen technischen Schutzmaßnahmen.

2. Andorra Lösung: Selbstabholer

In Andorra wird bereits von etlichen Shops das Prinzip: 'Kunde kann online bestellen, muss aber letztlich selbst anreisen und abholen' angewandt. Dieser Ansatz wird gerne von 'Möchtegern' Online Anbietern ohne viel Know-how genutzt, das spart die horrenden Kosten für den Aufbau einer Anpassung des Online Angebots. Die Strategie funktioniert natürlich nicht, wenn der Unternehmenssitz in Panama oder auf den Cayman Inseln liegt, aber für von der EU umzingelte Drittstaaten wie Andorra könnte dies eine Überlegung wert sein. Im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs wird dieses Modell tatsächlich noch funktionieren. Für spezialisierte Angebote dürfte das Potenzial des regionalen Einzugsbereichs nicht ausreichen, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Ein Skandinavier wird sich wohl kaum auf den weiten Weg nach Andorra zur Selbstabholung einer Leistung begeben, außergewöhnliche Angebote vielleicht ausgenommen. Für einige Unternehmen in den Zwergstaaten Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino kann dies eine Option mit erheblichen Einschränkungen sein.

3. US Praxisbeispiel

Bei Rechnungen für auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen von Unternehmungen in den USA an Privatpersonen wurde beobachtet, dass diese mit dem Hinweis versehen wurden, dass der Empfänger für die Zahlung der Umsatzsteuer in seinem Wohnsitzland verantwortlich ist (natürlich alles in englischer Sprache) [7].

4. Das EU-Lösungsangebot

Damit Anbieter nicht in allen Mitgliedstaaten eine Einzelerklärung der Steuer abgeben müssen, bietet die EU die Plattform 'Mini-One-Stop-Shop (MOSS)' als zentrale Anlaufstelle zur Besteuerung von grenzüberschreitenden elektronischen Dienstleistungen an. Nicht-EU-Webshopbetreiber, die auf das Service Angebot verzichten, müssen dann monatlich Einzelerklärungen zur Abführung der EU-Umsatzsteuer in jedem Mitgliedsland abgeben und zwar auch in den Ländern, in denen diese keinen Umsatz generiert haben, ansonsten verstößt man gegen die in der EU geltenden Gesetze.
Es wird erwartet, dass sich jeder Nicht-EU-Webshopbetreiber über einen 'Mini-One-Stop-Shop (MOSS)' eines Mitgliedslandes eine europäische Steuernummer zuteilen lässt und dann zentral die Steuern für EU-Bürger abführt. MOSS übernimmt dann freundlicherweise im Rahmen der Sonderregelung die Verteilung der von den Nicht-EU-Webshopbetreibern generierten Steuereinnahmen auf die einzelnen Mitgliedsländer. Dieser Service erspart den Nicht-EU-Webshopbetreibern viel Arbeit. Die Anmeldung bei MOSS geht allerdings anscheinend nur quartalsweise und im voraus. Außerdem müssen Unternehmer immer im voraus wissen, welche Kunden aus welchen Ländern in den nächsten 3 Monaten kommen werden. Weitere Infos zum Mini-One-Stop-Shop erteilt das Bundeszentralamt für Steuern [8].

EU-Politik fördert die Zunahme des weltweiten Ungleichgewichts

Für große Konzerne, wie z.B. Amazon oder eBay, stellen die neuen Regelungen kein Hindernis dar. Betreiber kleinerer Shops werden jedoch klar das Nachsehen haben. Langfristig ist mit dem Verschwinden vieler kleinerer Online Anbieter zu rechnen. Die Marktbereinigung wird zu einer Reduzierung der Vielfalt des Angebots im Internet führen, zumindest für Verbraucher in der EU. Derartige Regelungen tragen erheblich zu einer permanenten Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Selbständige, Kleinst- und kleine Unternehmungen außerhalb der EU bei. Diese Kleinstbetriebe stellen in vielen Ländern vielfach noch das eigentliche Rückgrat der Wirtschaft dar. Die Regelung schafft den freien Handel ab.

Europa stellt lieber Geldmittel für den Bau teurer Großprojekte oder die Verteilung fragwürdiger Hilfsgüter als fadenscheinige Entwicklungshilfe bereit, statt den Unternehmungen weltweit den freien Zugang zu den Märkten in Europa zu gewähren, damit die Menschen, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern, die Möglichkeit erhalten, zu lernen sich dem globalen Wettbewerb zu stellen, um dauerhaft und nachhaltig auf eigenen Beinen stehen zu können. Derartige Entwicklungshilfe hat noch nie zu Wirtschaftswachstum geführt. Die derzeitige Politik dient zur dauerhaften Schaffung und Aufrechterhaltung von Bedürftigkeit und Abhängigkeiten. Die EU baut immer weiter an neuen Markt-Zugangs- und Eintrittsbeschränkungen und damit fleißig an der Festung Europa. Einmal aus dem Markt gedrängt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn dies letztlich dazu beiträgt, dass sich immer mehr Menschen als Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen.

Handel treiben wie unter gleichberechtigten geht nicht

Die EU-Mehrwertsteuer (Neu)Regelung steht im Gegensatz zu dem von der EU deklarierten Ziel der Förderung der weltwirtschaftlichen Integration und des Abbaus internationaler Handelshemmnisse.

Klar, dass sich die Online Shops weltweit den Vorgaben der EU beugen werden. Falls nicht, wird die Steuerfahndung dann bald auf die Jagd nach Online Anbietern in Drittstaaten gehen? Wer sich nicht anpassen möchte, sollte zumindest präventiv keine Bankverbindung in der EU unterhalten. Big Data ermöglicht den nationalen Finanzverwaltungen bereits heute blitzschnell Informationen über Konten, deren Inhaber, Zeichnungsberechtigte und wirtschaftlich Begünstigte anzufragen. Für die Finanzämter ist es heute ein leichtes, Konten bei Banken in der EU zu blockieren, um Zugriff auf die Geldmittel zu nehmen und um Steuern einzuziehen.

Seit der zunehmenden Unsitte der Ausweitung nationaler Regelungen über die eigenen territorialen Grenzen hinaus, stehen die Zeichen vermehrt auf Kollision. Ebenso steht die Regelung im Widerspruch mit dem Grundsatz "no taxation without representation" [9]. Ich sehe bestenfalls den Privatkunden innerhalb der EU in der Pflicht, für die im Ausland gekauften elektronischen Dienstleistungen Steuern zu melden und abzuführen, nicht aber die Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten.

 

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Nachfolgend die bisher abgegebenen Kommentare

Dipp bii - 10. März 2018, 02:16 Uhr
Ohne Titel
Naja, Privatpersonen, die sich nie mit Umsatzsteuer beschäftigt haben oder unternehmerisch tätig waren, das abzuverlangen wäre noch unfairer. Aber es stimmt der Aufwand ist zu groß und teuer.
Ich frage mich, warum man nicht einfach eine elektronische Weiterleitung ans Finanzamt einführen kann, dann können die Kunden ihr Finanzamt angeben und ein Teil der Überweisung geht an den Anbieter und ein Teil direkt ans Finanzamt ....
 

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